Nun freut euch, lieben Christen g'mein
Nun freut euch, lieben Christen g'mein
Das, meine ich, ist doch ein rechtes Christtagslied: "Nun freut euch, lieben Christen g'mein, und lasst uns fröhlich springen, dass wir getrost und all in ein mit Lust und Liebe singen, was Gott an uns gewendet und seine süße Wundetat; gar teu'r hat er's erworben." - Wie klingt doch schön die süße Wundertat! Aber es war einmal ein Bürger zu Mansfeld, da, wo die nachmals berühmten Grafen ihren Sitz hatten, dem klang's nicht schön, anfänglich nämlich, hernach ging's besser.
Es war gleich nach der Reformationszeit, da wanderte ein Magister Cyriacus Spangenberg auf Mansfeld, wie die Nachricht meldet, und nahm Quartier im Kloster daselbst. Es war aber dieser treffliche Mann der Sohn des Pfarrherrn zu Eisleben, Johannes Spangenberg, der die "Perle" verfasst hat. Genug, Herr Cyriacus kehrt im Kloster zu Mansfeld ein, und da ihm daselbst zu essen vorgesetzt wird, lässt er's sich schmecken. Danach faltet er die Hände zum Gratias: Danket dem Herrn, denn er ist freundlich und seine Güte währet ewiglich, der allem Fleische seine Speise gibt - und so fort. nun war ein Mansfeldischer dabei, und wie unser Magister seine Sache geendigt, so macht dieser sich an ihn und fängt ganz kecklich über die Evangelischen an, schimpft auf alles, und wie er im Zug ist, auch auf ihre Lieder. Und wie das Gespräch auf das Lied kommt: "Nun freut euch, liebe Christen g'mein" - welches damals fast in allen Kirchen mächtig schallte, so nennt er's ein Teufelslied. Da ward's unserm Magister doch zu viel, stund auf, stellte sich vor den Mansfeldischen Bürgermann hoch hin, wie ein Strafgericht Gottes, hub feierlich seine Hand auf und sagte: "Nun wohlan, Gott lässt sich nicht spotten, und ehe ein Jahr zuNeige geht, kann er's wohl beweisen und sich erschrecklich sehen lassen, als der zu solcher Lästerung nimmer schweigt!"
Wie lange Herr Cyriacus Spangenberg darnach noch in diesem Kloster verweilt hat, kann ich nicht sagen. Das ist auch keine Hauptsache, sondern das ist die Hauptsache, dass er richtig geredet hat, denn der Herr vom Himmel hat seines Knechtes Wort wahr gemacht. Nämlich ehe noch ein Jahr herum war, ist's über den Mansfeldischen gekommen wie ein böser Geist. Und einstmals, wie er übers Feld gegangen, es ist eine unheimliche, schwarze Nacht gewesen, da hat ihn der böse Geist gepackt. Fromme Menschen haben ihn in einem Brunnen gefunden, herausgezogen, gepflegt. Und hiermit hat's nun eine Wendung gegeben. Denn siehe der arme Mann ist heil geworden, leiblich und geistig, hat erkannt den, der die Sünde an ihm heimgesucht, und ist aus langer Nacht ans Licht gekommen. Und da ist er nun auf das Lied gefallen: "Nun freut euch, lieben Christen g'mein" . . . Nun war's kein "Teufelslied" mehr; nein, eine süße Wundertat. Und unser Mansfeldischer hat nun zeitlebens die ersten vier Verse dieses Liedes gesungen, davon der letzte heißt:
Da jammert' Gott in Ewigkeit
Mein Elend übermaßen.
Er dacht' an sein' Barmherzigkeit,
Er wollt' mir helfen lassen;
Er wandt' zu mir das Vaterherz,
Es war bei ihm fürwahr kein Scherz,
Er ließ's sein Bestes kosten.
Cyriacus Spangenberg aber ist nachmals Pfarrer in eben dieser Stadt Mansfeld geworden und 22 Jahre gewesen, hat auch treffliche und erbauliche Schriften hinterlassen und ist erst Anno 1604, 76 Jahre alt, heimgefahren. Ich glaube aber, dass von allen seinen vielen Predigten die kürzeste und kräftigste diejenige gewesen ist, die er damals im Kloster zu Mansfeld gehalten hat. Autor: Dora Schlatter
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